Die Turmhügelburg im Neveriner Haussee (13./14.Jh.)
(Die Abbildung zeigt eine Modellrekonstruktion von A. Schwermer)
Am Ende des 13.Jahrhunderts errichteten deutsche Siedler als Lehnsleute der erst brandenburgischen, später mecklenburgischen Herrschaft Stargard im Neveriner Haussee eine Turmhügelburg. Sie war der Sitz eines niederadligen Gefolgsmannes oder Ritters, welcher in ihrem Schutz mit seiner Familie und Gefolge lebte.
Die Anlage bestand aus einem Verteidigungsturm aus Eichenholzplanken, welcher auf einem aufgeschütteten Hügel errichtet und mit Palisaden umgebenen war. Er wurde durch einen ausgehobenen Wassergraben abgetrennt und war nur über eine Zugbrücke zu erreichen. Davor befand sich ein ebenfalls mit Pfahlwällen geschützter Wirtschaftshof.
Diese Siedlung wurde von den schon lange vorher in der Nachbarschaft lebenden Slawen Ort der Nevera (Ort der Ungläubigen) genannt. Mit der Zeit vermischten sich die Bevölkerungsgruppen und der christliche Glaube setzt sich durch, was durch die Errichtung einer Kirche sprichwörtlich untermauert wurde.
Im Jahre 1385 wurde mit Heinrich Huls der Ort Neveryn erstmals urkundlich erwähnt und im Jahre 1446 ein Ritter Hans von Zechlin auf der Neveriner Burg benannt. Dieser übte in seinem Bereich die niedere Gerichtsbarkeit aus. Auf Bestreben der Städte Neubrandenburg und Friedland wurden diese Adligen jedoch in ihrer Machtbefugnis immer mehr eingeschränkt, da sie sich auch zu gerne als Raubritter bei den vorbeiziehenden Kaufleuten bedienten. Dies gipfelte zum Beispiel in der Ihlenfelder Fehde im Nachbarort, wobei die Neubrandenburger die dortige Burg zerstörten. Wie es der Neveriner Turmhügelburg erging, lässt sich nur erahnen. Wahrscheinlich ist sie mit der Zeit verfallen und es sind buchstäblich Gras und Bäume über sie gewachsen, da sich die Herrschaft in der Nähe ein neues Gutshaus baute. Vielleicht ist ja die alte große Eiche, unter der wir hier stehen, aus einer Eichel gewachsen, mit welcher der Ritter seine Schweine im Burghof gefüttert hat?
Als der Architekt 1919 den Wasserturm zeichnete, welcher auf Betreiben des letzten Gutsherrn Jasper von Behr-Negendank in der Ortsmitte von Neverin errichtet wurde, hatte er vielleicht auch alte Abbildungen von Turmhügelburgen aus dem Mittelalter im geistigen Auge. Solche findet man zum Beispiel in Bildern das Malers Albrecht Dürer, aber auch als Wandmalerei in der Kirche von Ankershagen. Letztlich wählte man diesen Turm, begleitet von Eichenlaub, zu unserem Wahrzeichen im Dorfwappen. So schließt sich der Kreis.
Der Ritter vom Haussee
Vor vielen Monden kam ich hierher, um sesshaft zu werden. Vormals habe ich mich in vielen Fehden im Kampfe bewährt als Ritter meines Lehnsherren. Zum Danke erhielt ich diese Ländereien von ihm zum Lehen. Ich befestigte meinen Rittersitz mit einer kleinen Burg, nach fränkischer Manier „Château à motte“ genannt. Auch wenn sie nur aus Holz gebaut, so war sie doch mein ganzer Stolz, denn sie sicherte den Besitz und das Leben ihrer Bewohner.
Lasst mich Euch herumführen:
1. Auf einem Erdhügel, der sog. Motte, errichteten meine Mannen einen hohen Wehrturm mit Eichenbeplankung. Dafür nutzten wir eine natürliche Erhebung auf einer Landzunge im See. Landseitig wurde er durch einen künstlich angelegten Graben geschützt. Den Aushub schippten wir an den Fuß des Wehrturmes - wir haben ihn wortwörtlich „eingemottet“. Rundum verstärkten wir den Turmhügel mit einer Palisade und über den Graben bauten wir eine Zugbrücke. Von der überdachten Wehrplattform ließ sich das Gelände vor der Anlage gut überwachen und mit Bogenschützen sichern. Im Verteidigungsfall verschanzte ich mich mit dem wehrfähigen Gefolge im Turm, während sich die Alten, Frauen und Kinder mitsamt dem Vieh im Umland verstecken mussten.
2. In der Vorburg befanden sich die Wohn- und Wirtschaftsgebäude.
3. Zur trockenen Aufbewahrung der Lebensmittelvorräte diente ein Speicher.
4. Ein Brunnen versorgte uns mit Wasser, wobei ich Bier bevorzugte, da es sauberer war.
5. In Stallungen wurden Schafe, Schweine und Hühner gehalten.
6. Für die Befestigung des Hofes mit Pfählen wurden im Vorfeld die Bäume gerodet, dies erleichterte auch die Sicht ins Umland.
7. Auf den entstandenen Freiflächen vor der Burg konnten Felder für den Anbau von Getreide angelegt werden. Der See versorgte uns Siedler mit Fisch und Federwild.